Nachdem ich aus einem traurigen Anlass in Sachsen-Anhalt weilte, konnte ich endlich einmal die Reste der Schleuse in Wüstenetzsch am nicht fertig gestellten Saale-Elster-Kanal besuchen.
Was für den einen nur kuriose Reste aus der Vergangenheit sind oder für andere ein Symbol für die Verschwendung von Steuergeldern ist, ist vor allem ein Zeichen für diskontinuierliche Verkehrspolitik und deren Folgen. Überall in der BRD findet man ähnliche Zeugnisse. Reste von Brückenbauten, Reste von Autobahnprojekten und so weiter … Bei manchen dieser Projekte mag es gut sein, daß sie nie fertig gebaut wurden, bei vielen hat der Stop des Baus die wirtschaftliche Entwicklung der Region aber nachhaltig negativ beeinflusst.
Wer aufmerksam durch die Schorfheide streift, wird immer wieder auf Spuren der Waldbahn Schorfheide treffen. Hier ist es die alte Trasse zwischen Vogelsang und Steinfeld.
Laut wikipedia gab es in Tarnówka die 1914 erbaute Bahnstrecke von Deutsch Krone (Wałcz) nach Flatow (Złotów). Bahnstationen waren neben Tarnówka auch Plietnitz (Płytnica) Wengerz (Węgierce) und Annafeld (Annopole). (Tarnówka – Schienenwege)
Schon vor längerer Zeit stieß ich an der ehemaligen B109 (jetzt Brandenburgs Landesstraße L100) auf Reste der Waldbahn Schorfheide. Heute fand sich etwas Zeit, den Spuren zu folgen. Zunächst ging es nach Osten ca. 500 m in den Wald hinein:
Der Bahndamm ist meist deutlich sichtbar. An einem quer verlaufenden Weg drehe ich um, Richtung Osten ist der Verlauf der Strecke aber noch gut parallel zu einem Wildzaun zu erkennen.
Anschließend laufe ich auf der Westseite etwas in den Wald. Der Bahndamm ist auch hier gut zu erkennen. Die Strecke führt im Bogen nach links bzw. Süden bis sie in etwa parallel zur B109 verläuft. Nach dem zweiten Querweg kehre ich auch hier um, auf der gegenüberliegenden Seite ist der Verlauf nur noch schwer zu erkennen.
Linkskurve
Abzweig am Ende der Kurve
Von dem Abzweig am Kurvenende folge ich noch kurz der Stichstrecke. Diese ist aber an einer lichteren Stelle nicht mehr richtig nachzuvollziehen.
Die verfolgte Strecke und der Ort sind den Screenshots aus Oruxmaps zu entnehmen. Der Einstieg befindet sich an der B109 knapp nördlich der Mitte zwischen Groß Schönebeck und dem Abzweig nach Groß Dölln (BRB: L215).
Der hier beschriebene Abschnitt gehört zu einem sehr umfangreichen Waldbahnsystem. Aus meiner Erinnerung gibt es westlich der Holzablage Michen vergleichbare Bahndämme. Außerdem ist auch nördlich des Bahnhofs Friedrichswalde ein Richtung West führender Bahndamm zu finden, der sogar auf Luftbildern der Region zu erkennen ist.
Im Netz ist wenig über die Waldbahn Schorfheide ist zu finden. Es wird u.a. von einem Zweig vom Bahnhof Friedrichswalde nach Carinhall und in anderen Quellen von Strecken zwischen Höpen (kleine Siedlung am Voßkanal nördlich von Liebenwalde) und Groß Dölln berichtet.
Mehr Aufschluß sollte aber die klassische Literatur geben. Im Eberswalder Jahrbuch 1999/2000 gibt es laut Inhaltsverzeichnis einen 6-seitigen Bericht: Die Grimnitzer Waldbahn. Eine bedeutsame Verkehrseinrichtung in der Schorfheide von R. BUCHWEITZ.
Und es gibt vom selben Autor eine Loseblatt-Sammlung vom GeraNova und Weltbild Verlag mit dem Titel: Britz – Templin – Fürstenberg (Havel) – 16 Seiten – Erscheinungsjahr: 2000 – Autor: Rudi Buchweitz mit einem Bericht über die Grimnitzer Waldbahn (Waldeisenbahn Schorfheide)
In einer abgelaufenen Auktion fand ich dazu noch folgende Angaben:
Grimnitzer Waldbahn – Waldeisenbahn Schorfheide (kleinere ausführliche Abhandlung): – (Gemarkung Vogelsang, Groß Schönebeck, Werbellinsee, Grimnitz, Grimnitzsee, Joachimsthal, Groß Dölln, Dölln Krug, Döllnkrug) – (Anschluss Försterei Reiherhorst, Dusterlake, Wucker, Sägewerk Werbellinsee, Michen, Ziegelei Roth) – Ablage Michen am Werbellinsee – Ziegelei am Werbellinsee – Steingruben bei Joachimsthal – Strecken an der Straße nach Karinhall (zeitweilig) – Schotterwerk und Wirtschaftsbahn Althüttendorf – Ablage Höpen – Anschluss Bahnhof Vogelsang – Ablage Burgwall – Dampfsägewerk Groß Schönebeck
Im Bahn-Express fand ich eine Aufstellung zu eingesetzten Loks der Waldbahn. Demnach fuhren dort – 2 Stck. Borsig Cn2t – 2 Stck. Borsig Dn2t – 1 Stck. Oberursel Typ 50 PS, C-bm – 1 Stck. O&K Typ 30 PS, Ct+t – 1 Stck. O&K Typ Brigadelok, Dn2t – 1 Stck. O&K Typ Brigadelok, Cn2t
Interessant wäre es, das gesamte Netz einmal abzulaufen oder abzufahren. Genug Ansatzpunkte gibt es. Bleibt nur die Frage, wie eindeutig die Strecken wiedergefunden werden können.